Anfang der 4. Lebenswoche setzt der erste Teil der Sozialisierungsphase ein, der etwa bis zum Anfang der 8. Lebenswoche dauert. Nachdem Augen und Ohren sich geöffnet haben, steht dem Welpen sozusagen die Welt offen. Schrittweise vergrößert sich jetzt der Aktionsradius des kleinen Hundes. Dabei ergänzen sich die psychische und die körperliche Entwicklung.
Je aktiver und beweglicher der Welpe wird, um so eifriger erforscht er seine Umgebung. Von der Natur ist es deshalb so eingerichtet, dass das Gehirn eines Welpen dem Alter entsprechend eine jeweils begrenzte Zeit lang für bestimmte Reize und Erfahrungen empfänglich ist. Was der Welpe in diesen Phasen erlebt, prägt sich nahezu unauslöschlich in sein Gehirn.
Prägung auf Artgenossen:
Sie ist einer der wichtigsten Vorgänge in dieser Phase. Wenn zu Beginn dieses Entwicklungsabschnitts alle Sinne ihre Tätigkeit aufnehmen, ist es dem Welpen erstmals möglich, Mutter und Geschwister zu sehen, zu hören und zu riechen. Das aus diesen Eindrücken gewonnenen Bild prägt sich dauerhaft in das Gehirn des jungen Hundes ein.
Sozialisierung auf und mit dem Menschen:
Sie findet zwischen der 3. und 8. Woche statt und ist notwendig, damit der Hund auch im Menschen einen Artgenossen im weiteren Sinne sieht. Diese Sozialisierung, die die Voraussetzung für das Vertrauensverhältnis des Hundes zum Menschen bietet, ist überwiegend jetzt möglich und kann später nicht mehr in diesem Maß nachgeholt werden. In dieser Zeit müssen Welpen engen Kontakt zu verschiedenen Menschen haben, um viele gute Erfahrungen zu sammeln. Besucher sollten sie streicheln, auf den Arm nehmen und mit ihnen spielen. Für einen zukünftigen Familienhund ist es ideal, wenn er bereits in dieser Zeit gute Erfahrungen mit Kindern machen kann.
Ein Hund, der in diesem Lebensabschnitt keinen oder zu wenig Kontakt mit Menschen hat, kann je nach Charakter zwar bis zu einem gewissen Grad an sie gewöhnt werden. Er wird aber unter Umständen nicht so vertrauensvoll wie ein früh sozialisierter Hund. Oft ist so ein Tier im Umgang mit Menschen nicht ganz zuverlässig, im ungünstigsten Fall kann es zum Angstbeißer werden.
Sozialisierung auf andere Haustieren:
Auch diese ist jetzt möglich. Wächst der Welpe etwa mit „hundefreundlichen“ Katzen auf, wird er auch später gut mit ihnen auskommen.
Auch in der körperlichen Entwicklung macht der Welpe in diesem Lebensabschnitt große Fortschritte.
In der Zeit nach der Geburt konnte er sich nur durch Kriechen oder Krabbeln vorwärts bewegen. Nun lernt er andere Fortbewegungsarten wie Klettern, Hüpfen, Laufen und vieles mehr. Er ist dabei natürlich noch recht unsicher und tolpatschig. Aber jetzt ist er körperlich und geistig so weit, das Wurflager zu verlassen und die Umgebung zu erkunden. Dabei vergrößert sich sein Aktionsradius ständig.
Um der Entwicklung des Welpen gerecht zu werden, muss er die Möglichkeit haben, viele Erfahrungen mit seiner Umwelt zu machen. Denn alles, was er jetzt kennen lernt, wird später für ihn ganz selbstverständlich sein. Wächst der Welpe im Haus auf, begegnet er automatisch allem, was so zum Alltag gehört, zum Beispiel dem Staubsauger, dem Rührgerät, verschiedenen Arten von Bodenbelägen und ähnlichem. Ein verantwortungsvoller Züchter wird seinen Welpen eine Art „Abenteuerspielplatz“ mit verschiedenen Beschäftigungs- und Spielmöglichkeiten bieten. Manche Züchter unternehmen mit der Hündin und den Welpen kleine Erkundungsausflüge.
Sozialverhalten:
Noch etwas erfährt der Welpe in dieser Zeit: innerartliches Sozialverhalten. Sowohl durch das Verhalten der Mutter in unterschiedlichen Situationen als auch durch das Spiel mit ihr und den Geschwistern lernt er, die verschiedenen Signale von Körper- und Lautsprache zu deuten und Verhaltensweisen zu übernehmen. Ein normales Verhalten der Hündin ist dabei wesentlich. Dennoch kann es trotz bester Aufzucht manchmal vorkommen, dass ein Welpe scheu und misstrauisch bleibt. In diesem Fall liegt wahrscheinlich eine angeborene Wesensschwäche vor.
Die Bedeutung für den Hundebesitzer:
In diesen ersten acht Lebenswochen trägt der Züchter eine große Verantwortung für die gesunde Entwicklung der Welpen. Wachsen sie irgendwo abseits auf, bleibt ihnen die Umwelt mit ihren wichtigen Erlebnissen vorenthalten. Die Folge können schwere Verhaltensstörungen sein. Zudem wird die Entwicklung des Gehirns gehemmt, was zu einer verminderten Lernfähigkeit führt.